Um 6h00 bin ich wieder im Bahnhof und besorge mir mal eine internationale Zeitung. Ich will wissen, was ich bisher verpasst habe und in der Zugfahrt fast bis Fukuoka habe ich Zeit für chinesisch-japanische Missklänge und auch Bewertungen der europäischen Entscheidungslage zur europäischen Verfassung. THE JAPAN TIMES - SUNDAY, APRIL 17, 2005
Ab Okayama sitze ich in einem kleinen (2 + 2) HIKARI Rail Stars weiter Richtung Westen. Bis Hiroshima zwischen einer englisch/amerikanischen Grundschulklasse und danach geht es links wie rechts an grünen Bergen entlang oder durch lange Tunnel hindurch. Wann/wo der Durchstich nach Kyushu passiert kann ich nicht nachvollziehen.
Warmen Tee bekomme ich keinen, aber heute Nachmittag werde ich ja auch an einer richtigen Tee-Zeremonie teilnehmen :-)
In Zügen und Bahnhöfen (sowie bei Fußgängerüberwegen) bei Ansagen immer Gedudel (oder Gezwitscher), dünnes Toilettenpapier, keine Bürste.
in Kokura eingetroffen ist mein Blick schon auf graue Telefonboxen ausgerichtet, aber direkt hinter der JR-Pforte werde ich angesprochen :-) Maiko! Wie per Mail versprochen mit Ehemann (Shige/Shiga?), Mutter und der 9 Monate alten kleinen Tochter.
Mehr als 7000 Japan-Kilometer :-)
Wir müssen ins Parkhaus zum Auto ihres Mannes, für den großen Gast aus Deutschland ein großer Lincoln, sonst für den Snowboarder und eigentlich für Rechtsverkehr und etwas übertrieben in den oft engen Straßen Japans!
Auf der Fahrt kann ich schonmal mit einer KJG-Ente bei der Kleinen Punkte sammeln. Es geht direkt zur Tee-Zeremonie und im Auto bekomme ich dann auch noch- sorgsam in Papier eingepackt - einen kleinen, feinen Fächer als nachträgliches Geburtstagsgeschenk :-) Und ich habe nur ein bisschen deutsche Milka-Schokolade, sowie eine Osterhasen/-eier-Mischung dabei :-(
Für die Tee-Zeremonie fahren wir zu Maikos alter Grundschullehrerin, die dabei von ihrem (Maikos) Bruder unterstützt wird. Er lernt die geheimnisvollen Rituale, Bewegungen und Aktionen und ich nehme sozusagen an einer Probestunde teil :-)
Süßigkeiten auf Papier, bitterer giftgrüner Tee mit Quirl, kochendem Wasser und Pulver. Ganz anders, als was wir unter Teeaufguss verstehen!
Ich kann Bilder machen und auch wenn die Kommunikation mit/über Maiko schwierig ist, wollen alle meine Neugier befriedigen :-)
Nicht nur die Uni mit 2 vorgeschriebenen Fremdsprachen, auch einfach Selbstmotivation mit einem elektronischen Dictionary kann Basis für eine Fremdsprache (z.B. Deutsch) sein!
Im 2. Teil der Zeremonie wird ein anderes Pulver aufgeschäumt und der Tee ist fast nicht mehr bitter :-) Wir werden aber nicht über die Teeschale klar, Geschichte/Zeitalter auf und in der Schale, ist das künstlerische Freiheit des Designers oder Teil der Zeremonie?
Auch was die Lehrerin versucht zu erklären ist trotz Maiko für mich nicht klar :-(
Sie will demnächst trotzdem selbst mal nach Deutschland reisen und ich "erwehre" mich den liebenswerten Erneuteinladungen mit meiner letzten Visitenkarte - mit denen habe ich mich verkalkuliert :-(
Zum Abschluss bekommen wir auch noch den eigentlichen Tee-Zeremonie-Raum mit Eingang über den japanischen Garten gezeigt und mit Maiko, ihrer Mutter und der Kleinen mache ich auch einen Photoausflug in dieses verbotene Gebiet hinter einem gebunden Stein.
Sehr mysterisch, aber mit einem Essen in einer Sushi-Laufband-Bar an der Ausfallstraße kehren wir zurück in die japanische Gegenwart :-)
Nach verschiedenen, farbigen Tellern bringt mich die kleine Familie mit dem großen Auto bis zu einem Hotel nahe Kokura Station und sie bringen mich zusammen bis auf mein 1. kleines Western-Style Hotelzimmer im 9. (10.) Stock. Doumo arigatou!
Nachdem sie gefahren sind will ich trotz langem Tag noch nicht ins Bett gehen, sondern ich versuche an der Rezeption den Weg zum nächsten Internet Cafe herauszufinden, um Deutschland mit einem Newsletter auf dem Laufenden zu halten ;-)